ich habe das gestern auch gelesen, worauf ich nach max edelbacher surfte. dieses interview fand ich, ist allerdings nur noch im cache zu finden.
ich wollte es erst posten, fand aber nachher noch vieles zu den intrigen im netz. schliesslich dachte ich, dass die sache so undurchsichtig ist wie "kennedydianarussischeragent" - die wahrheit wird man nie erfahren. ich w?rde gerne eine fiction dar?ber schreiben, leider landet man aber schnell bei verschw?rungstheorien. wirklich schade.
jetzt deponier ich das interview doch hier, man weiss ja nie, wann es verschwindet aus dem netz..
Montag, 31. Juli 2006
"Der Standard" Interview mit Max Edelbacher
"Reform hat Polizei geschw?cht"
Maximilian Edelbacher verabschiedet sich in den Ruhestand - interne Intrigen seien derzeit so schlimm wie noch nie
Maximilian Edelbacher, einer der erfahrensten Kriminalisten ?sterreichs, verabschiedet sich in den Ruhestand. Die Polizeireform habe die Exekutive geschw?cht, interne Intrigen seien derzeit so schlimm wie noch nie, bilanziert er im Gespr?ch mit Michael Simoner.
Standard: Ab 1. August sind Sie Pensionist. War das geplant?
Edelbacher: Ich bin 61, hab die n?tigen 40 Dienstjahre. Eigentlich wollte ich l?nger bleiben, aber die Polizeit?tigkeit ist nicht mehr befriedigend. Im Februar ist mir bewusst geworden, dass es h?chste Zeit ist, zu gehen.
Quelle: Der Standard, URL:
http://derstandard.at/?url=/?id=2530721
Standard: Ihre Karriere wurde aber schon vor vier Jahren abrupt gestoppt, nachdem Sie dem damaligen Innenminister Ernst Strasser "Management by Chaos" vorgeworfen hatten.
Edelbacher: 2002, vor der gro?en Reform war ich noch ehrlich ?berzeugt davon, dass Ver?nderungen in der Polizei zum Besseren f?hren k?nnten, aber dann wurde gleich das Kind mit dem Bad ausgesch?ttet. Das Sicherheitsb?ro wurde aufgel?st, der Kriminaldienst zentralisiert, die bestehenden Strukturen entbl??t. Davor habe ich gewarnt, weil alle internationalen Erfahrungen dagegen gesprochen haben. Ich wurde aber fachlich nicht einmal ignoriert, statt dessen strafversetzt und degradiert. Jetzt erkennen die Reformer, dass es n?tig ist, wieder dezentrale Strukturen aufzubauen.
Standard: Hat es je ein kl?rendes, pers?nliches Gespr?ch mit Strasser gegeben?
Edelbacher: Niemals, obwohl ich mich darum bem?ht habe. Sogar ein gemeinsamer Bekannter ? Strassers Friseur ist einer meiner Tennispartner ? wollte vermitteln. Umsonst.
Standard: Strassers Amtszeit haben Sie aber noch ?berdauert. Was war letztendlich ausschlaggebend f?r Ihren freiwilligen R?ckzug?
Edelbacher: Die Demontage des akademischen Dienstes im Kriminaldienst. Polizeijuristen wurden v?llig entmachtet, wir werden nur mehr als Revisionsabteilung gesehen. Angesichts dieser geschaffenen Kluft zwischen Exekutive und Beh?rde war mir klar, jetzt ist der Zug abgefahren.
Standard: Von 2000 bis 2005 ist die Zahl von Straftaten in ?sterreich von 500.00 auf 605.000 gestiegen. Gleichzeitig ging die Aufkl?rungsrate von 51 auf 39 Prozent zur?ck. Ist das eine Negativ-Folge der Zusammenlegung von Polizei und Gendarmerie?
Edelbacher: Nicht nur, aber auch. Die Reform hat die Polizei geschw?cht. Der Mitarbeiterstand sank innerhalb kurzer Zeit von 33.000 auf 26.000. Jetzt werden zwar wieder neue Mitarbeiter aufgenommen, der Stand wird sich bei 27.000 einpendeln. Das hei?t, die von der Regierung vorgegebene Beamteneinsparungsquote ist locker erf?llt worden. Die K?hnheit, bei steigendem kriminellen Markt die Kraft der Exekutive zu schw?chen, ist freilich erschreckend. Aber wie man sieht, kann man alles durchziehen.
Standard: Wird ?sterreich weiter eines der weltweit sichersten L?nder bleiben?
Edelbacher: Man muss kein Prophet sein, um vorauszusagen, dass mit der EU-Erweiterung ein neuerlicher Kriminalit?tsanstieg kommen wird. Und die geschw?chte Polizei ist sicherlich nicht in der Lage, das abzufangen. Auch Ermittlungserfolge wie in der Lucona-Aff?re, die zwei Ministern den Kopf gekostet hat, werden nicht mehr m?glich sein. Ich glaube auch nicht, dass das Bundeskriminalamt in der Lage ist, die aktuelle Bawag-Aff?re vollst?ndig aufzukl?ren. Zynisch betrachtet, k?nnte man sich fragen, ob es nicht gewollt war, eine schwache Polizei zu schaffen, damit Korruption und andere Politskandale unter dem Teppich bleiben. Deshalb entfernt man auch gern die Intelligenzen. Wer sicher sein will, muss sich k?nftig selbst drum k?mmern. Es ist wie bei Gesundheit und Bildung. Willst du Besseres, musst du daf?r zahlen, im Privatspital oder in der Eliteuni. Das ist eine schlechte Entwicklung, die nur mit dem Neoliberalismus zu erkl?ren ist, aber nicht gerechtfertig ist, wenn man an die sozialen Errungenschaften in der Zweiten Republik denkt. Der Ausgleich zwischen Arm und Reich war in den 40 Jahren der Sozialdemokratie immer ein vorrangiges Ziel.
Standard: Ihrem langj?hrigen Kollegen Ernst Geiger wird vorgeworfen, dass er einem mutma?lichen Zuh?lter Polizeiinterna verraten habe. Was Geiger zur?ckweist, vor Gericht muss er aber dennoch bald. Wie nahe darf ein Kriminalist dem "Milieu" kommen?
Edelbacher: Ein Kiberer an der Front muss Kontakte zur Szene pflegen. Ohne Informanten k?nnten viele Verbrechen nicht gel?st beziehungsweise verhindert werden. Beamte in F?hrungspositionen, die nicht mehr selbst die Knochenarbeit machen, m?ssen derartige Kontakte auf jeden Fall abbrechen.
Standard: Zwischen Ernst Geiger und dem Wiener Landespolizeichef Roland Horngacher, gegen den wegen Weitergabe von Polizeiinfos an Medien ermittelt wird, l?uft ein offener Machtkampf. Beherrschen Intrigen den Polizeialltag?
Edelbacher: So schlimm war es noch nie. Es ist auch dem Wiener Polizeipr?sidenten Peter Stiedl vorzuwerfen, dass er mit Horngacher eine Pers?nlichkeit gew?hlt hat, die zwar sehr flei?ig ist, aber mit Macht ?berhaupt nicht umgehen kann. Abgesehen davon ist der Akademiker Horngacher den Polizeijuristen in den R?cken gefallen. Beim ersten Schritt der Reform in Wien hat er noch auf die Polizeijuristen gesetzt. Als dann das Reformteam des Innenministeriums zum Tragen gekommen ist, hat er sich pl?tzlich von den Polizeijuristen distanziert. Er hat sogar seinen Hofratstitel zur?ckgelegt. Er wurde zum Verr?ter der eigenen Kollegen.
Standard: W?hrend Ihres Studiums haben Sie als Friseur gejobbt. Wem w?rden Sie heute zum Abschluss noch gerne eine Kopfw?sche verpassen?
Edelbacher: (lacht) Da gibt es einige Wunschkandidaten, aber ich nenne keine Namen.
(DER STANDARD Printausgabe 27.7.2006)
URL:
http://derstandard.at/?url=/?id=2530721