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Walter Pöchhacker

[B]Kurier, 10. Mai 2017[/B]

https://kurier.at/chronik/niederoesterreich/wiederaufnahmeantrag-im-fall-kuehrer-sitzt-der-falsche/262.910.543

[...]
[B]Fall Kührer: Sitzt der Falsche?

Ermittler des Bundeskriminalamts sind über Täterschaft uneinig.

Wie sicher ist ein Mordurteil, wenn selbst die führenden Ermittler in Sachen Täterschaft unterschiedlicher Meinung sind?[/B] Der Fall der 2006 verschwundenen Niederösterreicherin Julia Kührer scheint nicht enden zu wollen. Wolfgang Blaschitz, der Anwalt des zu 20 Jahren Haft verurteilten Mörders Michael K., hat einen Antrag mit brisantem Inhalt auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt. Das Papier beweist unterschiedliche Ermittlungsergebnisse des Bundeskriminalamts (BK).

[B]Während die Cold-Case-Ermittler von der Täterschaft von Michael K. ausgingen – die in eine Decke gewickelten Überreste des Mädchens wurde in seinem Keller gefunden, und auf dem Stoff fanden sich seine DNA-Spuren – kommt Chefinspektor Robert H. von der "Operativen Kriminalanalyse" des BK zu einem völlig anderen Schluss. Nämlich das Julia Kührer im Beisein ihres Freundes Thomas S. zu Tode gekommen ist und ihre Leiche später versteckt wurde.[/B] "Vieles deutet darauf hin, dass es ein nicht beabsichtigter Tod im Suchtgiftmilieu war", so Blaschitz.
Verschleierung

Mehrere SMS, die der Verdächtige am Tag von Julias Verschwinden an sie verschickt hat, wurden von dem Analysten als Alibi- oder bewusst herbeigeführte Verschleierungshandlung angesehen.

[B]Die Tathergangsanalyse wurde noch vor dem Auffinden von Julias Leiche am 19. Juli 2010 verfasst. Auch nach dem späteren Skelettfund und der Verurteilung hält Ermittler Robert H. seine Analyse vollinhaltlich aufrecht. Es habe sich nichts geändert. "Dieses Papier ist den Geschworenen im Mordprozess vorenthalten worden. Der Chefinspektor wurde als wesentlicher Ermittler zu seiner eigenen Verwunderung nicht als Zeuge geladen. Seine Einvernahme hätte ein völlig anderes Ergebnis gebracht", sagt Blaschitz.[/B]

Der Anwalt benennt in seinem Wiederaufnahmeantrag nicht nur den Chefinspektor als Zeugen. Auch drei weitere Personen aus dem Suchtgiftmilieu sollen interessante Wahrnehmungen zu dem Fall gemacht haben. Ihnen gegenüber soll Thomas S. behauptet haben, dass er Julia Kührer mit Suchtgift versorgte.

Im Zuge einer Drogenparty, bei der ein Süchtiger beinahe eine Überdosis erlitten hatte, soll Thomas S. die Anwesenden aufgefordert haben, zu helfen. Damit demjenigen nicht das gleiche Schicksal ereile, wie Julia Kührer, soll Thomas S. dabei gesagt haben.

[B]Eine besondere Rolle kommt Julias Bruder zu: Auch er ist als Zeuge angeführt.[/B] Stefan Kührer hält den in Haft sitzenden Michael K. nicht für den Mörder seiner Schwester. Julia habe ihm gegenüber niemals Kontakte zu dem Verurteilten erwähnt.Auch in ihrem Tagebuch sei Michael K. kein einziges Mal vorgekommen, im Gegensatz zu Thomas S. Die Einträge würden kurz vor dem Verschwinden der Teenagerin ein durchaus gestörtes Verhältnis zu ihrem Freund erkennen lassen, ist der Bruder überzeugt. Auch Stefan Kührer ist verwundert, dass er im Mordprozess nicht zum problematischen Umgang zwischen Thomas S. und seiner Schwester befragt wurde. Er möchte zur Aufklärung des "richtigen Sachverhalts" beitragen.

Die Entscheidung des Landesgerichts Korneuburg zur Wiederaufnahme kann einige Wochen dauern. [...]
10.05.17, 17:31:07

Walter Pöchhacker

Kurier, 11. Mai 2017

https://kurier.at/chronik/niederoesterreich/fall-kuehrer-von-einer-statistenrolle-im-polizeiakt-zum-moerder/263.114.848

[...]
[B]Fall Kührer: Von einer Statistenrolle im Polizeiakt zum Mörder[/B]

Verurteilter kommt in der Tathergangsanalyse des Bundeskriminalamtes nur in einem Nebensatz vor.

Wie kann es sein, dass der verurteilte Mörder der Niederösterreicherin Julia Kührer in der 71 Seiten starken Tathergangsanalyse des Bundeskriminalamtes (BK) lediglich in einem Nebensatz erwähnt wird? Der Täterschaft wird darin jemand anderer bezichtigt. In einem der spektakulärsten Kriminalfälle des Landes sind derart große Ungereimtheiten aufgetaucht, dass der Anwalt des zu 20 Jahren Haft verurteilten Michael Kollitsch (55) eine Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt hat – und das mit durchaus brisantem Material.

Verteidiger Wolfgang Blaschitz stützt sich auf das Papier der "Operativen Kriminalanalyse" des BK. Chefinspektor Robert H. kommt darin zum Schluss, dass nicht Michael Kollitsch Julia Kührer getötet hat, sondern das Mädchen im Beisein ihres Freundes Thomas S. gestorben ist. Entweder durch eine Straftat oder durch einen Unfall im Zusammenhang mit Drogen (Überdosis).

Die 71-seitige Fallanalyse, die dem KURIER vorliegt, stammt vom Juli 2010. Erst als ein Jahr später Julias menschliche Überreste in einem Erdkeller auf Kollitschs Grundstück entdeckt wurden, wurde der Videothekenbesitzer zum Mordverdächtigen und schließlich zum Täter. Die Geschworenen im Mordprozess bekamen 2013 die Tathergangsanalyse des Bundeskriminalamtes gar nicht mehr zu Gesicht.

Auch Chefinspektor Robert H. wurde zu seiner Verwunderung nicht als Zeuge geladen. Er hält laut Blaschitz auch nach der Verurteilung die Ergebnisse seiner Analyse vollinhaltlich aufrecht. In dem Papier wurden alle Telefonate, SMS-Kontakte, Zeugenaussagen und andere Hinweise in den Tagen vor und nach Julias Verschwinden minutiös aufgelistet.

Es ergab sich folgendes Bild: Die Szene in Pulkau rund um Thomas S. und dessen Clique war von regelmäßigem Drogenkonsum beeinflusst; die Beziehung zwischen Julia und ihrem Freund war schwer zerrüttet. Die Streitigkeiten gipfelten Tage vor dem Verschwinden in stundenlangen Telefonaten. Tatsächlich aber versuchte zumindest Julia die Beziehung bis zuletzt zu retten,... heißt es in dem Bericht.
Verschleiert

Die Analytiker kamen zu dem Schluss, dass Julia und Thomas S. sich am Nachmittag des 27. Juni 2006 trafen und es nach kurzer und heftiger Diskussion zu einem Unfall oder einer bewusst herbeigeführten Handlung gekommen ist, heißt es.

Danach soll Thomas S. um 16.03 Uhr dieses Tages als Alibi- oder Verschleierungshandlung mehrere SMS an Julias Handy geschickt haben. Anschließend kam es zwischen 16.09 und 18.12 Uhr zu zahlreichen Telefonkontakten zwischen Thomas S. und dessen Freund Anton N. Laut dem Bericht wird vermutet, dass es darum ging, die Spuren des Unfalles oder der Straftat zu beseitigen – sprich die Leiche des Mädchens irgendwo zu verstecken.

Für einen Drogentod von Julia Kührer spricht, dass in ihren Knochen noch Rückstände von Crystal Meth nachgewiesen wurden. Die genaue Todesursache konnte trotz zahlreicher Gutachten nie zweifelsfrei festgestellt werden.

Ein Teil der möglichen Tatrekonstruktion beschäftigt sich mit der Indizienkette. Darin heißt es mitunter: Thomas S. galt besonders unter Drogen- und Alkoholeinfluss als besonders aggressiv; Er empfand die Beziehung zu Julia K. als zunehmend lästig und behandelte sie abwertend vor Freunden...

Michael Kollitsch kommt in der Analyse nur deswegen vor, weil sein Handy zu einem der untersuchten Zeitpunkte auch in Pulkau eingeloggt war. Er hatte dort seine Videothek. Auch Julias Bruder, Stefan, hält Kollitsch nicht für den Mörder seiner Schwester. [...]
11.05.17, 22:44:14

Walter Pöchhacker

Krone.at, 28. Mai 2017

[...]
[B]Das Geheimnis von Pulkau: Neue Tattheorie
Fall Julia Kührer[/B]

Der "Fall Kührer" gilt längst als geklärt. Dennoch gibt es jetzt eine neue Tattheorie - und neue Verdächtigungen. Auch wegen des mysteriösen Verschwindens einer jungen Slowakin, die einst in Julias Heimatort gelebt hat. [...]

http://www.krone.at/oesterreich/das-geheimnis-von-pulkau-neue-tattheorie-fall-julia-kuehrer-story-571453
28.05.17, 17:59:44
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