Walter Pöchhacker
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geändert von: Walter Pöchhacker - 24.08.07, 19:39:27
Ort und Zeit der Handlung: Klagenfurt, Sp?tsommer 2002.
Wir hatten seit kurzer Zeit eine Wohnung in K?rnten angeschafft, welche auch als idealer Ausgangspunkt f?r Bikerausfl?ge in alle Himmelsrichtungen ben?tzt wird. Mein j?ngerer Sohn und ich hielten uns einige Zeit alleine in der Wohnung auf und f?r den n?chsten Tag war ein Ausflug auf den Gro?glockner geplant. Der Wetterbericht versprach herrliches Wetter.
Nach der ZIB 3 wollte ich noch vor dem Schlafengehen ein kleines Gesch?ft verrichten; h?tte ich gewusst, wie erbarmungslos gleich das Schicksal zuschlagen w?rde, h?tte ich mir es verkniffen. W?hrend ich leichtf??ig und grazil ? in Gedanken vor lauter Vorfreude schon beim Hochtor ? in Richtung WC t?nzelte, sollte sich peu ? peu eine Katastrophe anbahnen. Ich ?ffnete die T?r nach innen, schloss sie halb, stie? irgendwie an und vernahm ein ?Klack?.
Hatte ich tats?chlich ein ?Klack? geh?rt? Schlagartig war ich vom Gro?glockner wieder zur?ck in meiner Wohnung.
Ja, es war ein "Klaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaack?.
Man h?rt immer wieder, dass kurz vor dem Tod nochmals ein Film ?ber das eigene Leben in Sekundenbruchteilen vor dem geistigen Auge abl?uft. Mein Film sah so aus:
Wir hatten gerade die Renovierungsarbeiten abgeschlossen, ein neues Sicherheitsschloss eingebaut und s?mtliche T?rbeschl?ge gewechselt. Nur der Beschlag bei der WC T?r hatte nicht gepasst und so steckten wir provisorisch nur die T?rklinken rein. Nur: dieses Mal steckte keine T?rklinke nachdem es ?Klack? gemacht hatte!
Der Film lief weiter: Mein Sohn schlief auf der anderen Seite der Wohnung und wenn er schlief, dann schlief er. Auch an die T?re trommeln, schreien und lautes Wehklagen h?tten nicht ihn, sondern die Nachbarn in dem Hochhaus geweckt. Das WC war zwar direkt neben dem Stiegenhaus, nur was h?tte ich mit einem Rudel von Nachbarn vor der Eingangst?r bewirken k?nnen? Die Feuerwehr alarmieren lassen? Auch diese h?tte dank des neuen Schlosses die T?r nur mit Brachialgewalt ?ffnen k?nnen. Inzwischen reifte in mir die Erkenntnis, dass meine Lage keinesfalls berauschend sondern situationsgem?? besch... war.
Auch wenn Wiener den K?rntnern am Anfang nicht immer ?gr?n? sind, h?tten diese wohl trotzdem durch die Wand tr?stende Worte bzw. Schreie f?r mich gefunden. Der Film zeigte mir aber, wie sie sich zumindest vor lauter Lachen bogen und zufl?sterten: Die Wiener sind sogar zu bl?d zum ...
Als ich mir dann ausmalte, wie die bekannt sangesfreudigen K?rntner als Draufgabe ein Heimatlied in "auf dem Klo bin i gern" abwandeln k?nnten, bekam ich endg?ltig eine G?nsehaut.
Mein Unterbewusstsein h?mmerte mir gebetsm?hlenartig ?sei ein Mann, da musst du durch? ein. Nur das hatte gut h?mmern: Ich hatte keine Uhr, keine Zigaretten (heute bin ich Gott sei Dank Nichtraucher) und keinen Lesestoff (ja ich bin bekennender WC-Leser). Das einzig Positive war, dass ich nicht verdursten konnte. Mitten in der aufkeimenden Depression stach mir der metallene WC-Besen-St?nder ins Auge. Nachdem ja ?sterreichern generell die Gabe zum Improvisieren nachgesagt wird, zerlegte ich den St?nder so gut es ging in seine Einzelteile und stocherte anschlie?end im T?rschloss herum. Keine Chance, aus und vorbei.
Nicht einmal von Herzen losschluchzen und mir meinen Kummer von der Seele weinen h?tte ich k?nnen: Denn womit h?tte ich meine Tr?nen trocknen m?ssen?
So konnte ich nur versuchen das Beste aus der Situation und mir es im WC gem?tlich zu machen. Da es aber sehr klein ist konnte ich nicht ausgestreckt auf dem Boden liegen. Mehrere Versuche, auf dem R?cken liegend und die Beine abgewinkelt auf der Klomuschel positioniert zeitigten genauso wenig zufriedenstellende Ergebnisse, wie je ein Bein auf einer Seite der Muschel auszustrecken. Das Ergebnis war immer gleich: Der geflieste Boden war kalt und hart, woraus wiederum resultierte, dass meine Sehnsucht nach dem Wasserbett ins Unermessliche wuchs.
Irgendwann musste ich einsehen, dass eine WC-Muschel ihrem Wesen nach dazu bestimmt ist darauf zu sitzen. So d?mmerte ich, den Kopf auf die H?nde gest?tzt, der D?mmerung entgegen ...
Irgendwann war es soweit und ich h?rte das Herumstapfen meines Sohnes. Nachdem ich mir schnell den Schlaf aus den Augen gerieben hatte, versuchte ich durch die T?r einen betont lockeren Spruch: ?Geh sei so nett, da m?ssen irgendwo T?rschnallen herumliegen?...
Es wird dann wohl an meinem Blick gelegen haben, dass er sich nicht sofort vor lauter Lachen zerkugelte. Es war einfach nicht mein Tag: Nicht einmal das anschlie?ende Vater-Sohn-Gespr?ch, indem ich treuherzig versicherte, dass die ganze Welt aus Geheimnissen best?nde, es daher auf eines mehr oder weniger nicht ank?me und uns ein solches ab sofort verbinden w?rde, war von Erfolg gekr?nt. Gerade bevor ich einschlummerte konnte ich noch h?ren, wie mein Sohn in sein Handy prustete: ?Mama, wei?t du schon das Neueste? ...?
Wenn ich mir ausmale was passieren h?tte k?nnen, wenn ich alleine in der Wohnung gewesen w?re, treibt es mir heute noch Schwei?perlen auf die Stirn. Aber ich habe meine Lektion gelernt: Als Pr?ventivma?nahme f?r allf?llig gleichartige Schicksalschl?ge wurde ein Buch auf das stille ?rtchen ausgelagert: "Anleitung zum Ungl?cklichsein" von Paul Watzlawick.
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