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Walter Pöchhacker

14. Oktober 2016

https://www.tagesschau.de/inland/boenhardt-peggy-101.html

[...]
[B]Der Fund von Uwe Böhnhardts DNA hat eine neue Dynamik in gleich mehrere Ermittlungen gebracht: Eine Thüringer Sonderkommission soll ungeklärte Kindstötungen aufklären und auch im Münchner NSU-Prozess werden neue Fragen gestellt.

Nach dem spektakulären Fund von DNA-Spuren des mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Böhnhardt am Fundort der getöteten Schülerin Peggy stehen die Ermittler vor vielen ungelösten Rätseln. Ungeklärte Straftaten sollen neu aufgerollt werden.[/B]

Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Clemens Binninger, forderte eine "Generalrevision" der DNA-Spuren im NSU-Komplex. "Der Generalbundesanwalt und das Bundeskriminalamt müssen sich noch mal den vielen anonymen Spuren an den NSU-Tatorten widmen", sagte der CDU-Politiker der Nachrichtenagentur dpa.

[B]Ab Montag arbeitet eine Sonderkommission[/B]
Die Thüringer Polizei zog schon Konsequenzen: Dort soll eine Sonderkommission ab Montag ungeklärte Fälle von Kindstötungen seit 1990 neu untersuchen.

Ministerpräsident Bodo Ramelow kündigte an, die Akten zu einem ungeklärten Kindsmord aus den 1990er-Jahren überprüfen zu lassen. Damals sei Böhnhardt schon einmal im Visier gewesen, sagte der Linken-Politiker: "Das müssen wir alles viel, viel gründlicher betrachten."

Landesinnenminister Holger Poppenhäger sagte, der Fund ergebe die Chance, "bei den wenigen unaufgeklärten Fällen den Faden wieder aufzunehmen".
Nie gefasst wurde auch der Mörder einer Zehnjährigen aus Jena-Winzerla, die im August 1996 verschwand. Im Januar 1997 wurde ihre Leiche in einem Waldstück bei Eisenach entdeckt. Ein Sprecher des Innenministeriums sagte, im gesamten Freistaat habe es seit der Wende etwa 70 ungeklärte Todesfälle gegeben, drei davon hätten sich in der Region Jena zugetragen. Wie viele dieser Getöteten Kinder waren, konnte er nicht sagen.

[B]Verunreinigt oder nicht?[/B]
Am Donnerstag war bekanntgeworden, dass am Fundort der Skelettteile des 2001 verschollenen Mädchens aus Oberfranken Genmaterial von Böhnhardt entdeckt worden war. Dieses habe sich an einem Gegenstand befunden, der im Juli "in direktem Zusammenhang" mit der Entdeckung der Skelettteile aufgefunden worden.

Die Rechtsmedizin der Universität Jena schloss eine zufällige Übertragung der DNA Böhnhardts auf die sterblichen Überreste Peggys am eigenen Institut aus. Nach Angaben der für den Fall Peggy zuständigen Staatsanwaltschaft Bayreuth muss aber weiter geprüft werden, ob der DNA-Treffer möglicherweise durch eine Verunreinigung ausgelöst wurde.

Laut Informationen des Bayerischen Rundfunks ist eine Verunreinigung aber unwahrscheinlich. Zwar wurden die sterblichen Überreste des NSU-Terroristen im November 2011 und auch die des Mädchens im Juli 2016 in der Rechtsmedizin in Jena untersucht. Böhnhardts DNA-Spur wurde demnach aber vom bayerischen LKA an einem kleinen Stofffetzen sichergestellt, der zu einer Decke gehören könnte und nicht unmittelbar neben dem Skelett lag.

Dennoch will der Leitende Bayreuther Oberstaatsanwalt Herbert Potzel die Möglichkeit einer DNA-Verunreinigung nicht ganz ausschließen. Das sei Aufgabe der laufenden Ermittlungen. Grundsätzlich gebe es verschiedene Möglichkeiten, wie es zu einer DNA-Verunreinigung kommen könne. Mehr wollte Potzel dazu aber nicht sagen.

[B]Wochenendhaus in der Nähe des Fundorts[/B]
Am 2. Juli war Peggys Skelett wenige Kilometer von ihrem Heimatort gefunden worden. Die Neunjährige war im Mai 2001 im nordbayerischen Lichtenberg auf dem Heimweg von der Schule verschwunden. Der Fundort der Skelettteile gilt aber nicht als Tatort.

Nach Informationen des BR soll es unweit der Fundstelle ein Wochendendhaus aus dem familiären Umfeld des NSU geben. "Da ergeben sich möglicherweise auch räumliche Verbindungen zwischen dem Fundort der Leiche von Peggy und zu einem möglichen Tatort oder Verbringungsort in dieser Hütte, sagte die Vorsitzende des Thüringer NSU-Ausschusses, Dorothea Marx, dem SWR.

[B]Neue Fragen im NSU-Prozess[/B]
Der Rechtsextremist Böhnhardt gehörte dem "Nationalsozialistischen Untergrund" (NSU) an. Mit seinem mutmaßlichen Komplizen Uwe Mundlos soll er jahrelang unerkannt gemordet haben - hauptsächlich aus fremdenfeindlichen Motiven. Ihre mutmaßliche Mittäterin Beate Zschäpe stellte sich der Polizei und muss sich seit Jahren vor dem OLG München verantworten.

Mehrere Opferanwälte und Mitglieder diverser Untersuchungsausschüsse in Landtagen und im Bundestag warfen Fragen auf oder kündigten Beweisanträge an. Dabei geht es etwa darum, was Zschäpe zum Fall Peggy sagen könnte, ob es Zusammenhänge mit Vorwürfen des Kindesmissbrauchs gibt und ob alle ungeklärten Fälle, bei denen Kinder und Menschen mit Migrationshintergrund zu Tode gekommen seien, mit der DNA der mutmaßlichen NSU-Terroristen abgeglichen werden.
15.10.16, 10:01:30
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