Walter Pöchhacker
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P R E S S E M I T T E I L U N G
Der Fall Kampusch ? ein endloser Ermittlungsskandal!
Sehr geehrte Damen und Herren!
Ungl?ubigkeit, Fassungslosigkeit, Freudentr?nen und schlie?lich wahnsinnige Erleichterung. Gleicherma?en bei meiner Familie wie bei mir. Nach acht Jahren Suche wohl kein Wunder!
Nach der ersten Euphorie gilt es alles daranzusetzen, den Fall schonungslos aufzukl?ren und allf?llige Mitt?ter oder Mitwisser ? unabh?ngig von Ansehen und Person ? zur Verantwortung zu ziehen! Nataschas bewegender Fernsehauftritt ist dazu die beste Motivation.
Unter dem Druck der Welt?ffentlichkeit l?uft die Polizei ? allen voran Frau Ministerin Prokop ? zur Hochform auf, den wohl gr??ten Ermittlungsskandal zu vertuschen. Vorl?ufiger H?hepunkt an geschmacklosen Ausreden war wohl die Behauptung, dass der von der Polizei ausgel?ste Fahndungsdruck die Flucht Nataschas erleichtert h?tte.
Die Realit?t sieht freilich etwas anders aus. Wie jetzt feststeht, langte bei der Polizei bereits kurz nach dem Verschwinden Nataschas ein direkter, anonymer Hinweis auf den T?ter ein. Eine ??berpr?fung? verlief ergebnislos, da der T?ter einen ?glaubw?rdigen Eindruck machte? und ?kooperativ? gewirkt habe. Auch h?tte man, so heutige Behauptungen, keinen Hausdurchsuchungsbefehl erwirken k?nnen. Ja m?glich!
Aber niemand h?tte wohl die Polizei gehindert den T?ter zu fragen, ob er mit einer ?freiwillige Nachschau? einverstanden w?re. Wenn die Soko zu bedenken gibt, dass man auch bei einer Durchsuchung das gute Versteck nicht gefunden h?tte wirft dies die Frage auf, wozu es Suchhunde gibt.
Aber der eigentliche, durch nichts zu entschuldigende Fehler war wohl, dass man ? wenn schon nicht alle 700 Fahrzeughalter von wei?en Bussen, sondern zumindest nach dem anonymen Hinweis den T?ter ? fotografiert und die Bilder der jungen Zeugin, die noch nach acht Jahren den T?ter identifizieren konnte, vorgelegt hatte. Jeder ?Dorfgendarm? h?tte mit diesen Informationen den Fall in k?rzester Zeit kl?ren k?nnen.
So brutal es klingen mag: H?tte der T?ter Natascha kurz nach der Entf?hrung get?tet, h?tte sich die katastrophale Panne nicht mehr negativ auswirken k?nnen. Da Natascha jedoch Gott sei Dank lebt, wird das anf?nglich zust?ndige Sicherheitsb?ro unter Federf?hrung von Hofrat Geiger mit dem Vorwurf leben m?ssen, f?r acht Jahre f?rchterliches Leid zumindest indirekt mitverantwortlich zu sein. Aber nicht nur das Sicherheitsb?ro!
Auch wenn es heute wie damals unverdrossen in Abrede gestellt wird, f?hrte ausschlie?lich ein von uns erstellter 140- Seiten Bericht mit akribisch aufgelisteten Fehlern und Widerspr?chen nach langem Zaudern am 17. Juli 2002 zur Gr?ndung der Burgenl?ndischen Sonderkommission.
Mit welchem Engagement die Soko ermittelte war schon daran zu erkennen, dass sich sogar Frau Sirny nach Monaten in den Medien beschwerte, dass die Beamten noch keinen Kontakt zu ihr aufgenommen hatten. Entgegen anders lautenden Medienberichten weigerte man sich auch standhaft bis zum Schluss, an einem Teich ein paar Kubikmeter Kies ausbaggern zu lassen. Eine Grabung, die bis zum pl?tzlichen Auftauchen Nataschas ein Gebot der Stunde war!
Unter dem Druck der Medien bequemte sich die Soko schlie?lich zu einer ?Probegrabung? an ganz anderer Stelle und versuchte diese prompt als ?echte? Grabung hinzustellen. Warum man sich mit H?nden und F??en gegen das Ausbaggern von ein paar Kubikmeter Kies an einer pr?zise bezeichneten Stelle weigerte liegt unserer ?berzeugung nach auf der Hand: Man hatte Angst dass wir Recht haben k?nnten und dass schier unglaubliche Ermittlungspannen nicht mehr vertuscht werden h?tten k?nnen!
Der Soko standen alle Unterlagen vom Sicherheitsb?ro zur Verf?gung und der ?ffentlichkeit wurde stets treuherzig versichert, dass alles genauestens nachrecherchiert worden w?re. ? ... keine direkten Hinweise, kein so genannter roter Faden ...? war u.a. das Res?mee des Soko-Leiters Koch in ?Thema? vom 23. Juni 2003 nach fast einem Jahr (!) ?Ermittlungen?.
Keine Hinweise? Auch der Soko ist dieser wahnwitzige Fehler in all der Zeit, in der sie noch dazu ohne Druck arbeiten konnte, nicht aufgefallen? Diese Riesenpanne h?tte noch immer korrigiert werden k?nnen und Natascha w?ren weitere, jahrelange H?llenqualen erspart geblieben! Mit diesem Vorwurf wird auch die Soko leben m?ssen!
Nach dieser haarstr?ubenden Pannenserie war die ?Selbstbefreiung? Nataschas nur mehr das ?T?pfchen auf dem i?. Freilich wurde auch klar, dass die von uns geforderte Grabung gegenstandslos war und ich bezeichne dies als den sch?nsten Irrtum meines Lebens. Nur wer heute von den Ermittlern ernsthaft behauptet, er h?tte damit gerechnet dass Natascha noch lebt, l?gt sich wohl in die eigene Tasche.
Da Natascha aber Gott sei Dank lebt, m?sste es wohl auch der Soko schlagartig klar geworden sein, welch katastrophale Auswirkungen der Fehler hatte. Sie h?tte eigentlich vor Schande ?in den Erdboden versinken? und sich ? etwa wegen erwiesener Unf?higkeit ? f?r befangen erkl?ren m?ssen. Doch weit gefehlt: Sie nahm ohne falsche Scham neuerlich Ermittlungen auf und auch im Ministerium hatte man offenbar keine Bedenken dagegen.
Dies darf freilich nicht allzu sehr verwundern, da ja bekanntlich in trauter Eintracht versucht wird, diese aberwitzigen Fehler zu ?bergehen. Unter der kritischen Beobachtung der Welt?ffentlichkeit h?tte es wohl der Optik gut getan, endlich reinen Tisch zu machen und Ermittler ohne ?Altlasten? einzusetzen.
Eines der zentralen Ermittlungsziele ist wohl die Kl?rung der Frage, ob Natascha zuf?llig als Entf?hrungsopfer ausgew?hlt wurde oder nicht. War es tats?chlich ein ?irrer Einzelt?ter? oder steckt viel mehr dahinter und der T?ter ist nur die ?Spitze eines Eisberges?? Ist das ans Licht gekommene ?Unfassbare? ?berhaupt noch zu ?bertreffen?
Ermittlungen im pers?nlichen Umfeld des T?ters sollten wohl Routine sein. Die Kl?rung der Fragen, ob er Natascha schon vor der Entf?hrung kannte, wenn ja woher, oder ob er Personen aus Nataschas Bekannten- bzw. Verwandtenkreis kannte, sind eine Selbstverst?ndlichkeit!
Die Frage ist nur, ob man von dieser Soko ?berhaupt noch objektive Ermittlungen erwarten kann, da die Einzelt?tertheorie einen entscheidenden Vorteil br?chte: Man w?rde sich mit gro?er Wahrscheinlichkeit gr??te Scherereien ersparen, da sonst weitere Fehler, Pannen und Vertuschungsbem?hungen der letzten Jahre bekannt w?rden. Mit anderen Worten: Es ist keinesfalls erwiesen, dass der Rest meiner These falsch ist. Im Gegenteil: Vielleicht stellt sich heraus, dass bei gewissenhafter ?berpr?fung meiner Unterlagen der T?ter l?ngst ausgeforscht h?tte werden k?nnen.
Kann man von der Soko erwarten, dass sie freiwillig zur Schlachtbank geht?
Im pers?nlichen Umfeld des T?ters zu ermitteln bedeutet routinem??ig auch zu ?berpr?fen, ob es Verbindungen oder Kontakte zu den Eltern und deren Bekanntenkreis - in welcher Form auch immer ? gab. Dies wiederum muss zwangsl?ufig auch ? ohne Verd?chtigungen auch nur andeuten zu wollen - den Teichbesitzer mit einbeziehen.
Diese Routineermittlungen k?nnen in der Praxis aber unm?glich werden, wenn Beamte ?ber mangelhafte Aktenkenntnisse verf?gen, ihnen zumindest ein wichtiger Name nicht gel?ufig ist und sie daher zwangsl?ufig keine Querverbindungen zwischen bestimmten Personen hinterfragen k?nnen!
Konkret vermutete z.B. eine Zeugin, dass der T?ter mit dem Teichbesitzer in einem der fr?heren Lebensmittelgesch?fte der Frau Sirny Arbeiten an einem Stromz?hlerkasten verrichtet haben k?nnte. Die Beamten wussten angeblich nichts mit dem Namen des Teichbesitzers anzufangen und begr?ndeten dies mit dem ?umfangreichen Akt?!
Diesbez?gliche Erkenntnisse h?tten sich auch bei der Befragung von G?sten einer W?rstelh?tte ergeben k?nnen. Soko-Beamte waren zwar vor Ort, nur eine Bekanntschaft zwischen T?ter und Teichbesitzer ist wohl nicht hinterfragt worden. Wie denn auch, wenn sie den Namen angeblich nicht kannten?
Lt. Stammg?sten dieses Lokals sind aber sowohl der T?ter, der Teichbesitzer als auch Herr Koch dort verkehrt. Auch wenn daraus nicht zwangsl?ufig eine Bekanntschaft abgeleitet werden kann: Muss hier nicht sofort nachgehakt werden?
Z.B. dahingehend, ob es gesch?ftliche Kontakte zwischen der Firma des T?ters und jener des Teichbesitzers gab? Beide waren/sind in artverwandten Branchen t?tig und eine diesbez?gliche ?berpr?fung dr?ngt sich wohl geradezu auf. Wir wurden sogar anonym darauf aufmerksam gemacht! Offenbar wurde das bis heute nicht ?berpr?ft! Warum nicht?
Nicht zwingend h?ngt die Frage eines Mitt?ters oder Mitwissers damit zusammen, ob bei der Entf?hrung selbst zwei T?ter am Werk waren oder nicht. Ohne Frau Kampusch nahe treten zu wollen, die offenbar unter gr??ten seelischen Qualen dar?ber berichtet hatte, muss die Frage erlaubt sein, wie ein T?ter es alleine schaffen h?tte sollen, sie mitten auf einer belebten Stra?e zu schnappen, zu b?ndigen und auf irgend eine Weise mundtot zu machen. Wenn Natascha nun sagt, dass dies alleine durch m?ndliche Einsch?chterungen gelungen w?re, muss man sich fragen, wie dies der T?ter vorher h?tte wissen sollen.
Bei den Pressekonferenzen versteht man stets blendend zu vermitteln, dass mit gr??ter Genauigkeit ermittelt wird. In Wahrheit werden die ?hungrigen? Medienvertreter meist mit ein paar belanglosen Brocken abgespeist. Zumindest eine Zeugenaussage, die direkt auf eine Beziehungstat hinweist und die wohl l?ngst entsprechende, ?unpopul?re? Ma?nahmen erfordert h?tte, wird entweder g?nzlich bestritten, als unglaubw?rdig oder als nicht verifizierbar dargestellt.
Abgesehen davon gibt es aber noch jemand, der ?ber mehr Hintergrundwissen verf?gen muss! N?mlich jene Person, welche den Hinweis auf den T?ter geliefert hatte. Warum wurde sie nicht l?ngst ?ber Medienaufrufe ersucht, sich ? in welcher Form auch immer - zu melden?
Walter P?chhacker e.h. Ludwig Koch e.h.
Wien, am 11.09.2006
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